EU plant Widerrufsbutton #ECOMMERCE #WIDERRUFSBUTTON #WIDERRUFSRECHT

Verbraucher benötigen eine Erleichterung zur Inanspruchnahme ihres Widerrufsrechts! Oder etwa doch nicht?

Die Europäische Union plant bereits seit einiger Zeit einen Widerrufsbutton, der Verbraucher dabei unterstützen soll, leichter aus geschlossenen Verträgen mit Finanzdienstleistern herauszukommen. Diese seien oft zu komplex und schwer verständlich, weshalb ein Handeln der Gesetzgeber notwendig ist. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU hat nun eine Anpassung des Gesetzesentwurfs erstellt. Am 24. Februar 2023 stellten sie einen Kompromissvorschlag vor, der neben einiger gestalterischer Anpassungen auch eine große Verschärfung beinhaltet. Der Widerrufsbutton soll nun nicht mehr nur für Fernabsatzverträge mit Finanzdienstleistern kommen, sondern alle Online-Händler betreffen, die mit Verbrauchern Verträge abschließen. „Durch eine Schaltfläche für den Widerruf oder eine ähnliche Funktion werden die Verbraucher stärker für ihr Recht auf Widerruf und die Möglichkeit des Rücktritts von einem Vertrag sensibilisiert“, so der Entwurf der Europäischen Union.

Es darf nicht aufwändiger sein, einen Vertrag zu widerrufen, als ihn online zu schließen. Der Grundgedanke klingt zunächst verbraucherfreundlich. Und wie sähe die Umsetzung aus? Hier wird es kompliziert. Denn die Rahmenbedingungen für Online-Handel sind ohnehin dynamisch und werden es vermutlich auch in Zukunft bleiben. Lieferdaten können variieren, Wochenenden und lokale Feiertage spielen ebenfalls eine Rolle. Immer wieder müssen Gesetzesänderungen umgesetzt und Funktionen angepasst werden, die auch die Verbraucher verwirren können. Zum Beispiel gibt es bereits seit Juli 2022 einen Kündigungsbutton für entgeltliche Dauerschuldverhältnisse. Dies betrifft nur Online-Händler, die z.B. Warenabonnements vertreiben, also einen eher kleinen Prozentsatz der E-Commerce-Händler. Doch soll bei diesen Dienstleistern dann der Widerrufsbutton neben dem Kündigungsbutton gezeigt werden? Oder folgt der Kündigungsbutton erst nach Ablauf der Widerrufsfrist? Der Gesetzentwurf ist in dieser Hinsicht noch ungenau und schafft eher Verwirrung als Erleichterung.

Ähnlich ist es mit der Frage, wann die Widerrufsfrist eigentlich beginnt und wann sie endet. Wer profitiert von dem Recht und wer hat keinen Anspruch darauf? Schon bei der ersten Frage werden unterschiedliche Antworten kommen, abhängig vom Absatzmarkt. Anders als einige Händler glauben, beginnt die Widerrufsfrist nicht erst mit der Lieferung einer Bestellung, sondern direkt nach Abschluss des Vertrags - zumindest im stationären Handel. Laut Verbraucherzentrale dauert sie ab dann 14 Tage. Im E-Commerce beginnt die Widerrufsfrist jedoch erst am Tag des Erhalts der Ware. Dies stellt Online-Händler vor eine große Herausforderung. Denn den exakten Tag einer Lieferung kann er kaum nachverfolgen. Wird ein Paket mit Trackingnummer verschickt, lässt sich mit Aufwand zwar auslesen, wann es entgegengenommen wurde, aber bei Warensendungen oder Briefen ist dies unmöglich. Ab wann soll also der Button zum Widerruf angezeigt werden? Und was ist, wenn ein Button länger als 14 Tage nach Erhalt der Ware ausgegeben wird – gilt dies dann als Irreführung des Kunden, weil ihm eine nicht mehr mögliche Handlung vorgeschlagen wird?

Der Widerrufsbutton soll dem Verbraucher deutlich erkennbar, wenn nicht sogar optisch hervorgehoben und gut zugänglich angezeigt werden. Im besten Fall trägt er die Beschriftung “Vertrag widerrufen”. Er soll dem Verbraucher als Spiegel zum Button “Jetzt kostenpflichtig bestellen” dienen und so den Widerruf erleichtern. Nicht bedacht wurde hingegen, dass in der Praxis häufig nicht der gesamte Vertrag widerrufen wird, sondern nur ein Teil davon. Sollten Händler der Gesetzesvorlage also folgen müssen, müsste auch ein Button “Vertrag teilweise widerrufen” möglich sein. Die Kund:innen könnten im Anschluss an den Klick die Vertragsbestandteile selektieren, die sie widerrufen wollen. Auch dies ist wieder mit technischem Aufwand verbunden.

Außerdem muss der Gesetzgeber noch definieren, wo genau die Verbraucher:innen den Button sehen und klicken können. Denn für einen rechtssicheren Widerruf müssen Identifikationsangaben gemacht werden, wie zum Beispiel der Kundenname, die Bezeichnung des Vertrags und auch das Kontaktmedium, mit dem eine Bestätigung an die Verbraucher:innen versendet werden kann. Diese Merkmale sind in jedem Kundenkonto hinterlegt, so dass sich der Button hier anbieten würde. Allerdings wären dann wieder Gastkäufer:innen ausgeschlossen, weshalb feststeht, dass ein Widerrufbutton nur in den Benutzerkonten nicht ausreichen kann.

Des Weiteren bietet ein offen sichtbarer Button auch Missbrauchspotential. Denn theoretisch könnte jeder Verträge für eine andere Person widerrufen, solange der Verbrauchername bekannt ist.

Anspruch auf Widerruf haben im Übrigen nur Endverbraucher, nicht aber Unternehmen, die als B2B Kunde online shoppen. Hier muss der Händler also eine Unterscheidung treffen können, wem er den Button ausspielt und wem nicht. Auch dies bedeutet wieder technischen Aufwand.

Im Gesetzentwurf der EU wurde weiterhin nicht bedacht, dass Händler auf Verkaufsplattformen wie Amazon, Ebay oder Etsy gar kein Mitspracherecht haben, was die Gestaltung ihrer Angebotsseiten angeht. Dennoch sind sie dafür verantwortlich, dass Verbraucher:innen ein entsprechender Widerrufsbutton ausgegeben wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verpflichtende Einführung eines Widerrufsbuttons mit sehr viel technischem Aufwand und einigen Herausforderungen verbunden ist. Nicht eingerechnet wurde bislang die Zeit für Anpassungen der AGBs und Datenschutzerklärungen. Seit 2014 stehen Verbrauchern bereits alle Möglichkeiten offen, einen Vertrag zu widerrufen. Dies kann per E-Mail, telefonisch, postalisch und sogar per Fax gemacht werden. Braucht es dann wirklich noch einen Widerrufsbutton?

Sollte das Gesetz tatsächlich in Kraft treten, haben E-Commerce-Händler 30 Monate Zeit, um ihre Shopsysteme entsprechend anzupassen. Diese Zeit wird wahrscheinlich auch gebraucht, um nachhaltige Konzepte zu entwickeln, die alle Kund:innen und Eventualitäten abdecken.

Sie machen sich schon jetzt Gedanken zur Umsetzung eines Widerrufsbuttons in Ihrem Online-Shop?

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Quellen: